Häufig fällt es dem medizinischen Fachpersonal schwer, Betroffene von Gewalt frühzeitig als solche zu erkennen und zu identifizieren. Häufig stellen die Haltung und auch vorherrschende Stigmatisierungen des medizinischen Fachpersonals eine entsprechende Hürde bei dieser Früherkennung dar. Gerade diese beiden Bereiche sind bisher aber nur wenig erforscht.
In der vorliegenden Studie wurde untersucht, wie spezielle Schulungen in Bezug auf die frühzeitige Identifizierung gewaltbetroffener Patient:innen, deren entsprechende Behandlung und den Umgang mit ihnen eben diese Haltungen und mögliche Stigmatisierungen beeinflussen können.
Dazu wurden mit 12 Angehörigen des medizinischen Fachpersonals, 6 Frauen und 6 Männern, 6 Personen nach einer entsprechenden Schulung und 6 Personen ohne Schulung, problemzentrierte Interviews in Bezug auf deren Haltung und mögliche Stigmatisierungen gewaltbetroffenen Patient:innen gegenüber durchgeführt.
Die Auswertungen haben deutliche Unterschiede in Bezug auf Haltung und Vorteile gegenüber gewaltbetroffenen Patient:innen zwischen medizinischem Fachpersonal, das eine entsprechende Schulung absolviert hat, oder nicht, ergeben. Vor allem hinsichtlich von Schuldzuschreibungen an die Betroffenen waren klare Haltungsunterschiede erkennbar. Dies führt zum Schluss, dass diese Schulung nicht nur faktisches Wissen über Gewaltformen, Dynamiken von Gewalt und Kommunikationsformen mit Gewaltbetroffenen vermitteln, sondern vor allem auch Einstellungen und Haltungen. Gerade diese Haltungen verändern und erleichtern die Beziehungsgestaltung zu den Gewaltbetroffenen und ermöglichen so eine effizientere Form der Behandlung und Unterstützung.