Gewalt an Kindern und Jugendlichen ist ein vielschichtiges Problem, das verschiedene Formen annehmen kann. Dazu gehören unter anderem körperliche, psychische und sexuelle Gewalt sowie körperliche und psychische Vernachlässigung. Körperliche Gewalt ist die absichtliche Anwendung von Gewalt, die zu körperlichen Verletzungen führen kann. Psychische Gewalt zeigt sich in wiederholtem Verhalten, das die emotionalen Bedürfnisse von Kindern oder Jugendlichen missachtet oder ihnen das Gefühl vermittelt, wertlos oder ungeliebt zu sein. Sexuelle Gewalt umfasst alle sexuellen Handlungen, denen Kinder und Jugendliche nicht zustimmen oder die sie aufgrund ihrer Entwicklung nicht vollständig erfassen können. Vernachlässigung tritt auf, wenn notwendige Fürsorge wie Ernährung oder emotionale Unterstützung unterlassen wird oder Kinder unzureichend beaufsichtigt werden (About Child Abuse And Neglect 2024; Leeb et al. 2008).
Schätzungen zufolge waren im Jahr 2022 weltweit bis zu eine Milliarde Kinder im Alter von 2 bis 17 Jahren Opfer von körperlicher, sexueller oder emotionaler Gewalt sowie Vernachlässigung, wobei von einer hohen Dunkelziffer auszugehen ist (World Health Organization: WHO 2022).
Traumatische (v. a. kumulierte) Ereignisse im Kindes- und Jugendalter, darunter auch Gewalterfahrungen, haben langfristige negative Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit sowie das Gesundheitsverhalten im Erwachsenenalter (z. B. Felitti et al. 1998), weshalb die Früherkennung von Gewalt an Kindern und Jugendlichen besonders wichtig ist.
Das Dokument „Gewalt bei Kindern und Jugendlichen - Erkennen, Ansprechen und Dokumentieren“ soll als Hilfestellung zum Erkennen von Auffälligkeiten (wie etwa von Verletzungsmustern) und zur Gesprächsführung sowie zur richtigen Dokumentation und Weitervermittlung an fachspezifische Anlaufstellen dienen.
Besondere Gewaltformen im digitalen Zeitalter
In der digitalen Welt entstehen neue Gefahren, darunter fällt besonders das zunehmende Risiko des Online-Groomings. Dabei versuchen Erwachsene über das Internet, Minderjährige in unangemessene Beziehungen zu verwickeln. Weitere digitale Herausforderungen umfassen den Missbrauch von Bildern, nicht einvernehmliches Sexting und Sextortion, bei dem sexuelle Bilder genutzt werden für Drohungen oder um Geld oder anderes zu erpressen. Auch die kommerzielle sexuelle Ausbeutung, bei der sexuelle Inhalte im Austausch gegen Geld oder andere Wertgegenstände angeboten werden, stellt ein ernst zu nehmendes Problem dar (Finkelhor et al. 2024). Im letzten Jahr wurde weltweit etwa eines von acht Kindern (rund 302 Millionen) Opfer von nicht einvernehmlichen Aufnahmen, Verbreitungen und Veröffentlichungen von sexuellen Bildern und Videos (Childlight – Global Child Safety Institute 2024). Diese alarmierenden Zahlen verdeutlichen die enormen Herausforderungen, denen Kinder und Jugendliche im digitalen Zeitalter gegenüberstehen. Prävention und das Erlernen eines sicheren Umgangs mit digitalen Medien sind die wichtigsten Maßnahmen (siehe z. B. Workshops der Initiative Saferinternet.at).