Die mediale Berichterstattung über gewalttätige Übergriffe gegen ältere und pflegebedürftige Menschen in Pflegeheimen schlägt immer hohe Wellen. Doch weitaus häufiger kommt Gewalt gegen diese Personengruppe im häuslichen Umfeld vor – dort, wo eine vertrauensvolle Beziehung erwartet wird und eine durch Hilfsbedürftigkeit entstandene Abhängigkeit gegeben ist. Hier erfolgt die Gewalt meist subtil und im Verborgenen, wobei sich Täter/-innen, das soziale Umfeld und häufig auch die Gewaltopfer aus Angst, Scham, Schuldgefühlen etc. in Schweigen hüllen. „Die Prävalenz betreffend Gewalt gegenüber Älteren und Pflegebedürftigen innerhalb der Familie wird mit 4 bis 10 % angegeben. Die Häufigkeit der Gewalthandlungen von Pflegeabhängigen gegenüber Pflegenden ist allerdings nicht wesentlich geringer.“ (Berzlanovich et al. 2017a)
Formen von Gewalt gegen ältere pflegebedürftige Patientinnen und Patienten
Gewalttätige Übergriffe sind immer Übertretungen von geltendem Recht bzw. Menschenrechtsverletzungen. Zudem äußert sich Gewalt gegenüber pflegebedürftigen Personen in wiederholten Handlungen oder in Unterlassungen geeigneter Maßnahmen, wodurch grundlegende menschliche Bedürfnisse (Wohlbefinden, Überleben, persönliche Identität und Freiheit) der Betroffenen beeinträchtigt, eingeschränkt oder deren Befriedigung verhindert wird (Berzlanovich et al. 2017a).
Als Ursachen von Gewalt kommen verschiedene Faktoren in Frage, niemals sind sie eine Rechtfertigung. Oftmals hat die Gewalt auch schon eine lange Geschichte, in der es Frauen nicht gelang, sich aus einer Beziehung zu lösen. Aber auch Veränderungen im Alter, beispielsweise eine demenzielle Entwicklung, sowie allgemein Pflegebedürftigkeit im familiären Umfeld spielen eine Rolle. Die damit verbundene Umkehr der sozialen Rollen sowie wechselseitige Abhängigkeiten auf unterschiedlichen Ebenen sind mitzudenken. Hohe Erwartungshaltungen und Anforderungen auf der einen Seite, das Fehlen adäquater Unterstützungsangebote und mangelndes Erkennen von Überforderung auf der anderen Seite sind Nährboden für Spannungen und Konflikte (BMFJ 2014; Lehner/Schopf 2009).
Häufig sind Gesundheitskräfte die einzigen Personen, die mit älteren pflegebedürftigen Patientinnen/Patienten außerhalb der alltäglichen Betreuungssituation in Kontakt kommen und die somit eine Schlüsselrolle einnehmen, wenn es darum geht, Warnsignale zu erkennen und zu handeln.
Schulungsangebote und Beratungstelefon zum Thema Gewalt und Alter von Pro Senectute
Broschüren:
BMASK (2009). Gewalt erkennen. Fragen und Antworten zu Gewalt an älteren Menschen. Wien.
https://broschuerenservice.sozialministerium.at/Home/Download?publicationId=100
Lehner, E. and A. Schopf (2009). Breaking the Taboo. Gewalt gegen ältere Frauen in der Familie: Erkennen und Handeln. https://www.roteskreuz.at/fileadmin/user_upload/PDF/GSD/plattf_gg_gewalt/Entw_Materialienuebersicht_GSD.pdf