„Ihre Hämatome könnten auch von stattgefundener Gewalt herrühren. Kann es sein, dass Ihnen jemand Gewalt angetan hat?“ Diese Frage kann für die gewaltbetroffene Patientin das Ende eines jahrelangen Leidens einläuten. Jede fünfte Frau in Österreich ist von häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt betroffen. Oftmals sind die in niederschwelligen Gesundheitseinrichtungen tätigen Ärztinnen/Ärzte und Gesundheits- und Krankenpflegepersonen die einzigen Ansprechpartner/-innen für die häufig sozial isolierten Gewaltopfer.
Seit 2011 gibt es die gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung von „Opferschutzgruppen für volljährige Betroffene häuslicher Gewalt“ in Akutkrankenanstalten. Allein durch die Implementierung von Opferschutzgruppen lassen sich das Ausmaß von Partnergewalt und dessen gravierende gesundheitliche Folgen erkennen.
Klinische Opferschutzgruppen können einen wichtigen Beitrag zur frühzeitigen Identifizierung und Weitervermittlung von Betroffenen an spezialisierte Gewaltschutzeinrichtungen leisten und damit weiteren Gewalterfahrungen vorbeugen. In der Praxis müssen die Mitglieder von Opferschutzgruppen die hohe Anforderung bewältigen, die Vielfalt und Widersprüchlichkeit der Verletzungen, individuellen Problemlagen, Lebensperspektiven und Wünsche der Betroffenen aufeinander abzustimmen und dabei handlungsfähig zu bleiben.
Um den Aufbau von Opferschutzgruppen, aber auch die Arbeit bestehender Opferschutzgruppen durch standardisierte Informationen und Materialien zu erleichtern, wurde die Toolbox „Starterset für Opferschutzgruppen“ von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gesundheit Österreich GmbH in enger Zusammenarbeit mit dem Expertenbeirat erstellt. Auftraggeber ist das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.
Die Toolbox richtet sich speziell an die Direktionen und Mitarbeiter/-innen in Krankenhäusern, die für den Aufbau und Betrieb von Opferschutzgruppen verantwortlich sind. Die vorliegende Sammlung an Informationen und Instrumenten kann aber auch von Berufsgruppen in anderen Versorgungs- und Betreuungskontexten, die im Rahmen ihrer Tätigkeit Informationen zum Thema häusliche Gewalt benötigen, herangezogen werden.
Die Toolbox
- enthält standardisierte, praxiserprobte Instrumentarien und klinische Behandlungspfade
- gibt Tipps zur patientenzentrierten Gesprächsführung
- benennt mögliche regionale Kooperationspartner
- informiert über regionale themenspezifische Veranstaltungen
Die Toolbox soll laufend optimiert, erweitert und auf den neuesten Stand gebracht werden. Entsprechende Hinweise werden wir gerne berücksichtigen.
Natürlich kann die Toolbox keine Schulung ersetzen. Sowohl für Neueinsteiger/-innen in der Opferschutzarbeit als auch für erfahrene Gesundheitsfachkräfte gibt es spezielle Fort- und Weiterbildungen. Ein Überblick über diese Angebote verschiedener Träger ist ebenfalls in der Toolbox zu finden.
Ihr GÖG-Projektteam